Die Zukunft gehört den Bildern, oder? Nicht ganz. Zumindest, wenn es um kommerzielle Kommunikation geht. In der heutigen, häufig austauschbaren Bilderflut machen Worte den entscheidenden Unterschied.
Keine Marke ohne Corporate Design. Aus gutem Grund: Logo, Farbgebung, Layouts, Typografie und Bildwelten sorgen für einen unverwechselbaren Auftritt. Oft vergessen wird, dass die Sprache mindestens genauso viel zur Außenwirkung beiträgt. Erst die passende Sprache macht, durchgängig an sämtlichen Touchpoints eingesetzt, die Unternehmensidentität wirklich erlebbar. Denn Sprache prägt Beziehungen und entscheidet häufig, ob wir jemanden als authentisch und glaubwürdig wahrnehmen – eine Grundvoraussetzung für Markenvertrauen. Andersherum kann eine fehlende oder inkonsistente Corporate Language die gewünschte Markenidentität praktisch boykottieren.
Was gehört zur Corporate Language?
Alles, was ein zur Unternehmensphilosophie und zu den Markenwerten passendes Sprachklima ausmacht: Stil und Tonalität, Terminologie, Schreibweisen, Anredeformen usw. In der Corporate Language sollte sich sowohl das Selbstverständnis eines Unternehmens widerspiegeln als auch die Art und Weise, wie es die Beziehung zu seinen Zielgruppen definiert. Zusammengefasst wird die Corporate Language in einem Leitfaden, dem Manual oder Style Sheet.
Es geht also nicht (nur) um eingängige Kampagnenclaims und schön getextete Imagebroschüren, sondern auch und insbesondere um die Kommunikation abseits der klassischen Werbematerialien – Angebote beispielsweise, Antworten auf Kundenanfragen und das gesprochene Wort am Point of Sale.
You can let your hair down
Ein gern zitiertes Beispiel: Dass wir uns beim Besuch von IKEA so wohl fühlen wie bei einem alten Studienkumpel aus Skandinavien liegt nicht zuletzt an der Corporate Language. Die ist nämlich so unprätentiös wie ein privates Gespräch mit guten Freunden. Die Botschaften sind kurz, freundlich, direkt und häufig auffordernd. Selbst Verbote werden nett formuliert. Natürlich wird, genau wie in Schweden, über alle Touchpoints hinweg geduzt, vom „Hej!“ am Eingang über das Schild im Restaurant bis zum Online-Planer („Gestalte deinen perfekten Kleiderschrank.“). Kurz: Die Sprache ist genauso unkompliziert wie die Möbel von IKEA.
Typisch schwedisch. Oder nicht?
Das Unternehmen gilt als Meister der Markenführung und überlässt nichts dem Zufall. Bis ins kleinste Detail bedient das Möbelhaus unsere positiven Vorstellungen vom schwedischen Lebensgefühl: unkompliziert, tiefenentspannt und ein gutes Stück entfernt vom allgegenwärtigen Statusdenken. IKEA macht Möbel für alle (demokratisch!) und feiert Kreativität (Pippi Langstrumpf lässt grüßen!). Natürlich gibt es im Restaurant auch vegetarische Köttbullar, (bodenständig und gleichzeitig zeitgemäß!). Und in den Herrentoiletten darf selbstverständlich gewickelt werden (gleichberechtigt!). Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Dass das Unternehmen seit langem ein multinationaler Konzern ist, der einer in den Niederlanden registrierten Stiftung gehört, fällt da nicht ins Gewicht.
Corporate Language lohnt sich
Eine in sich schlüssige und konsequent angewendete Unternehmenssprache schafft nicht nur Vertrauen, sondern gibt Mitarbeitern Vorlagen an die Hand, die die tägliche Arbeit erleichtern und so langfristig Kosten sparen.
Hindernisse auf dem Weg zur Corporate Language
Warum es dann immer noch so viele Unternehmen gibt, die nicht mit einer Stimme sprechen? Wahrscheinlich, weil sich die Richtlinien für eine Corporate Language nicht so einfach definieren lassen wie für ein Corporate Design. Abgesehen von Schreibweisen und Ansprache bleiben sie naturgemäß abstrakter (Stichwort Tonalität). Hinzu kommt, dass die Corporate Language in der Regel von einem größeren Personenkreis angewendet werden soll als das Corporate Design.
Häufige Stolpersteine:
- Eine Corporate Language kann nur so gut sein wie die Markenbeschreibung
Der Weg zu einer gelebten Corporate Language führt immer über die Markenwerte und die Leistungsversprechen. Umso austauschbarer die Markenbeschreibung, desto schwieriger ist es, daraus ein unverwechselbares Sprachrepertoire abzuleiten. Dabei sollte die Markenbeschreibung nicht wortwörtlich in die Unternehmenssprache übernommen werden, sondern durch sprachliche Mittel erlebbar gemacht werden.
- So standardisiert wie nötig
Eine Corporate Language sollte so viel Standardisierung wie nötig bieten und so viel individuellen Spielraum wie möglich erlauben. Zum einen ist es bei der wachsenden Anzahl von Touchpoints kaum möglich, Regeln für jede mögliche Anwendungssituation aufzustellen. Zum anderen wirken häufig eingesetzte Textbausteine schnell auswendig gelernt und wenig authentisch. Ziel sollte es immer sein, den Anwendern zunächst ein lebendiges Verständnis der Markenwerte zu vermitteln, um so ihr Gespür für die jeweilige Anwendungssituation zu verbessern.
- Die Anwender abholen
Wenig überraschend: Corporate Language kann nur funktionieren, wenn sie von Menschen, die sie anwenden sollen, angenommen wird. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Einführung. Sie wird idealerweise in mehreren Stufen umgesetzt – von der Ankündigung bis zur Schulung – und muss alle Mitarbeiter erreichen. Genauso wichtig: die Praxistauglichkeit. Corporate Language soll den Arbeitsalltag erleichtern. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist ein ansprechend gestaltetes, verständliches und nicht zu umfangreiches Manual, das gerne genutzt wird und nicht in der Schublade verstaubt.